
Erstkontakt in der Pflege: Beziehungsgestaltung leicht gemacht
Erstkontakt in der Pflege
Über die Qualität der Beziehung zum Patienten in der professionellen Pflege
"Keine Zeit, keine Leute!" Das ist das Mantra, das die professionelle Pflege seit Jahr und Tag kennzeichnet. Und es wird nicht besser. "Und jetzt soll ich auch noch Zeit zum Beziehungsaufbau verlieren? Kostbare Zeit, die ich schon jetzt nicht habe, um alle Aufgaben in Ruhe zu erledigen?" Ja, das wäre ratsam! Denn eine gelungene Interaktion hängt von einer gelungenen Kontaktaufnahme ab. In der Regel benötigt es gar nicht viel Zeit, den Patienten so anzusprechen, dass ein Resonanzboden entsteht, auf dem die Kommunikation im Laufe des Geschehens aufbauen kann. In den meisten Fällen sind es nur ein paar Sekunden.
Alle, die wir in der Pflege arbeiten oder gearbeitet haben, wissen, was Regression bedeutet: Innerer Rückzug durch Überforderung. Dieses Phänomen des Rückzugs auf passiv-leidende Verhaltensmuster ist eine Reaktion der Angst und Überforderung, die der Klinik- und Pflegebetrieb fächerübergreifend regelmäßig provoziert. Wer jedoch in der Lage ist, die Grundregeln der angstlösenden Kontaktaufnahme zu verstehen und anzuwenden, hat ein starkes Werkzeug der zwischenmenschlichen Kommunikation zur Hand. Damit lassen sich diese Regressionsreflexe, wenn nicht ganz unterbinden, so doch erheblich zurückdrängen. Wer sich auf die Signale der persönlichen Resonanzaufnahme zum Patienten versteht, hat am Ende des Geschehens eine gelungene Interaktion gewonnen.
Was sind die wesentlichen Merkmale einer resonanzfähigen Kommunikation?
1. Augenkontakt
Zentral ist immer der Augenkontakt. Das Ansehen auf Augenhöhe – wenn immer möglich im direkten Sinne auf physischer Augenhöhe zum Patienten. Es reichen wenige Sekunden, sein Gegenüber mit offenen Augen anzusehen und ihm zu zeigen: "Ich habe dich wahrgenommen. Ich bin ein Mensch wie du, und wir kommunizieren auf der gleichen Wellenlänge." Das reicht oft schon aus, um ein Gefühl des Wahrgenommenwerdens zu erzeugen und Furcht, Angst sowie Rückzugs- und Widerstandsreaktionen zurückzudrängen. Leider wird dieses einfache und elementare Mittel der wechselseitigen Kontaktaufnahme zur Vorbereitung einer gelingenden Interaktion nicht immer genutzt.
Zeitinvestition: 1-3 Sekunden.
2. Freundliche Ansprache
Eine freundliche Ansprache, zum Beispiel: "Guten Tag, Frau XY, ich bin NN und heute in der Pflege für Sie da." Es braucht nicht viele Worte, um die Aufmerksamkeit des Patienten zu erreichen. Was man sagt, ist zweitrangig. Wichtig ist, dass die Begrüßung zugewandt und freundlich ist. Sie dient wie der Augenkontakt dem Beziehungsaufbau und nicht der Interaktion oder Intervention, die folgen soll.
Zeitinvestition: 2-5 Sekunden.
3. Körperhaltung und Abstand
Die Körperhaltung spielt eine weitere wichtige Rolle in der Vorbereitung einer gelingenden Interaktion. Hier ist das eigene Gefühl für Distanz und Nähe wichtig und kann sehr unterschiedlich sein. In der Regel ist ein Abstand zum Gegenüber von mindestens 0,5 und maximal 1,0 Meter angemessen – ungefähr eine Armlänge. Dies ist bedeutsam, weil eine Distanz unterhalb von 50 cm von den meisten Menschen als unangenehm und im Wortsinn als distanzlos empfunden wird. Zur Begrüßung und Vorbereitung einer pflegerischen Aktivität sollten wir diese Regel beachten, insbesondere wenn die Interaktion eine größere Nähe erfordert. Der Abstand bei der Kontaktaufnahme sollte auch nicht zu groß sein, um nicht als unnahbar wahrgenommen zu werden.
Wer es immer vermag, sollte darauf achten, dass unsere Körper sich bei der Begrüßung in gleicher Position begegnen. Den Höhenunterschied zwischen einem liegenden und einem stehenden Menschen kann man ausgleichen, indem man sich im Stehen vorbeugt oder den Patienten im Bett aufrichtet.
4. Berührung
Die Berührung ist ein weiterer starker Kontaktimpuls, der meist über einen Handschlag mit offener, warmer Handfläche und sanftem Druck möglich ist. Das scheint trivial, wird im Pflegekontext jedoch nur selten gemacht. Hygienegründe oder Gewohnheiten spielen eine Rolle, den Handschlag bei der Begrüßung zu vermeiden. Wir sollten darüber nachdenken, ob das Hygieneargument stichhaltig ist, da die Desinfektion nach jedem Patientenkontakt seit Jahrzehnten Standard ist.
Berührungen mit einer offenen Handinnenfläche, geschlossenen Fingern und sanftem Druck auf dem Handrücken des Patienten, seinem Unterarm, dem Schulterblatt oder in besonderen Fällen auf dem Hinterkopf oder Brustbein sind weitere Alternativen, um Kontakt herzustellen und eine Interaktion so vorzubereiten, dass sie als angenehm und angstfrei erlebt wird.
Zeitinvestition: 1-3 Sekunden.
Der Zeitfaktor
Der Zeitfaktor spielt in der Regel für den resonanzschaffenden Kontakt keine Rolle und wäre ein Scheinargument. Anders ist es bei verwirrten Menschen. Hier kann es mitunter länger dauern, bis sich der Patient und die Pflegekraft so aufeinander eingestellt haben, bis mit der Interaktion im Einvernehmen begonnen werden kann. Aber auch hier gilt: Es zahlt sich in der einzelnen Situation und vor allem im Prozess wiederholter Interaktionen aus, die pflegerische Aktivität durch eine gelungene Kontaktaufnahme vorzubereiten. Widerstände und Konflikte werden geringer. Das entspannt den Patienten und die Pflegenden. In der Bilanz sparen wir auch hier Zeit und gewinnen mehr Zufriedenheit.
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